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Psychologie

Optimisten prokrastinieren seltener

Wie sich die „Aufschieberitis“ reduzieren lässt

Student liegt in der Sonne und hört Musik, statt zu lernen
Wer zuversichtlich in die Zukunft blickt, schiebt wichtige Aufgaben seltener vor sich her. © Paul Bradbury / GettyImages

Angst vor später: Wer unter „Aufschieberitis“ leidet, könnte von einer optimistischeren Grundhaltung profitieren, wie eine Studie nahelegt. Denn wer davon ausgeht, dass die Zukunft besser als die Gegenwart wird, fürchtet sich weniger vor den Folgen seiner Handlungen und geht Aufgaben schneller an. Prokrastination ist demnach keine schlechte Angewohnheit, sondern vielmehr Ausdruck von Zukunftssorgen.

Wer kennt es nicht? Es wäre so viel zu tun, doch statt unsere To-Do-Liste nach Prioritäten abzuarbeiten, erledigen wir lieber zuerst die Banalitäten, machen etwas ganz anderes oder tun nichts. Selbst wenn uns das bewusst ist, ändern wir nicht unbedingt unser Verhalten. Wer unter schwerer „Aufschieberitis“ leidet und sich für sein Verhalten schämt, wird dabei umso gestresster, je mehr er sich um Besserung bemüht, und scheitert dann erst recht.

Doch nicht alle Menschen stecken gleichermaßen tief in diesem Teufelskreis. Ob jemand eher zur Prokrastination neigt oder nicht, hängt sowohl von der Persönlichkeit ab, als auch von der Hirnstruktur und den Genen, wie frühere Studien nahelegen.

Definitionen von Prokrastination
Prokrastination ist das freiwillige Aufschieben einer Handlung, auch wenn das später Nachteile bedeutet. © Graphic by Nicola Burghall 2024, License CC BY

Welche Rolle spielt die Lebenseinstellung?

Ein Forschungsteam um Saya Kashiwakura von der Universität Tokio hat nun untersucht, warum wir manchmal wichtige Aufgaben immer wieder aufschieben, obwohl wir dieses Verhalten selbst nicht gut finden und es später teils schwere Konsequenzen haben kann. Ausgehend von ihrem eigenen Hang zur Prokrastination und früheren Studien hat die Forscherin einen Fragebogen entwickelt, den 296 junge Menschen ausfüllten.

Darin machten die Testpersonen umfassende Angaben zu ihrem Prokrastinationsverhalten, ihrem Zeit- und Stressempfinden, ihren Erfahrungen, ihrer gegenwärtigen Zufriedenheit sowie ihrer Lebenseinstellung und ihrer Erwartungshaltung für die Zukunft. Dahinter steckte die Annahme der Forschenden, dass Pessimisten häufiger prokrastinieren könnten als Optimisten.

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Hoffnung hilft gegen Prokrastination

Tatsächlich zeigte sich bei der Auswertung der Fragebögen, dass optimistische Menschen seltener zu Prokrastination neigen. Wie gestresst und unzufrieden die Personen mit sich und ihrem Leben waren, war dabei überraschenderweise nicht relevant. Ausschlaggebend war allein die Hoffnung, dass es ihnen in der Zukunft besser gehen würde als in der Vergangenheit oder zum Zeitpunkt der Befragung.

„Unsere Forschung hat gezeigt, dass optimistische Menschen – diejenigen, die glauben, dass Stress nicht zunimmt, wenn wir uns in die Zukunft bewegen – weniger wahrscheinlich schwere Prokrastinationsgewohnheiten haben“, sagt Kashiwakura.

Wege aus der Zukunftsangst gesucht

Die Forschenden schließen daraus, dass Zukunftsangst die Wahrscheinlichkeit für Prokrastination erhöht. Wer hingegen optimistisch in die Zukunft blickt, fürchtet sich weniger vor Konsequenzen und geht Aufgaben tendenziell schneller an. Menschen, die unter ihrem Aufschieben leiden, könnten dieses Verhalten entsprechend ablegen, wenn sich ihre Perspektive verbessert und sie sich besser für die Zukunft gewappnet fühlen, so das Team. Denn wer weniger Angst vor der Zukunft hat, ignoriert sie auch seltener und kann sie so besser gestalten.

Kashiwakura und ihre Kollegen wollen basierend auf ihren Erkenntnissen nun verschiedene Möglichkeiten und Maßnahmen erforschen, mit denen Betroffene eine optimistischere Einstellung entwickeln könnten. Das soll vor allem Schülern und Studierenden helfen. „Wir glauben, dass die Schüler bessere Ergebnisse erzielen und ein größeres Wohlbefinden erfahren, wenn sie ihre Prokrastinationstendenzen wissenschaftlich verstehen und aktiv daran arbeiten können, sie zu verbessern, anstatt sich selbst die Schuld zu geben“, sagt Kashiwakura. (Scientific Reports, 2024; doi: 10.1038/s41598-024-61277-y)

Quelle: Universität Tokio

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